Woran erkenne ich eine gute Notstation?
Es gibt keine allgemeingültigen Qualitätskriterien, an denen man eine gute oder weniger gute Notstation zweifelsfrei erkennen kann. Meerschweinchen-Notstationen werden in den meisten Fällen rein privat geführt und somit hängt das „Erscheinungsbild“ ganz wesentlich von den Möglichkeiten und Bemühungen des Notstationbetreibers ab. Manche Notstationen beherbergen über 50 Notschweinchen, andere haben Plätze für maximal fünf Tiere. Einige Notstationen werden in einer Scheune oder einem Gartenhaus betrieben, andere Notstationen halten die Notmeerschweinchen in einem Eigenbau neben der eigenen Meerschweinchengruppe im Wohnzimmer. Die Haltung und das gesamte Erscheinungsbild einer Notstation können sehr unterschiedlich sein. Daher kann „die perfekte Notstation“ als solches nicht beschrieben werden. Allerdings gibt es einige Dinge, die auf eine „gute Notstation“ (d.h. einen professionellen Umgang und gute Haltung und Versorgung der Tiere) hinweisen.
Nachwuchsvermeidung
Eine Notstation, die im Sinne des Tierschutzes arbeitet, ist bemüht, weitere unnötige Schweine-Notfälle zu vermeiden. Unkontrollierte Vermehrung sollte ausgeschlossen sein. Daher sitzen die Männchen und Weibchen getrennt, bzw. in gemischten Gruppen sitzen nur Kastraten mit Weibchen gemeinsam im Gehege. Zeugungsfähige Böckchen sitzen keinesfalls mit Weibchen zusammen.
Die meisten Notstationen geben Männchen generell nur kastriert ab, um weiteren Nachwuchs zu vermeiden. In einigen Fällen (beispielsweise wenn alte unkastrierte Böckchen in der Notstation landen, die eine Kastration aus gesundheitlichen Gründen nicht überstehen würden) werden auch unkastrierte Männchen abgegeben – dann allerdings nur zu männlichen Artgenossen.
Gesundheit
In Notstationen landen häufig Meerschweinchen, die längere Zeit schlecht versorgt wurden. Oft handelt es sich um Tiere, für die sich niemand mehr interessierte und die daher in der Pflege vernachlässigt wurden. Aber auch kranke Tiere werden gelegentlich an Notstationen abgegeben, wenn die Pflege oder Behandlung vom Vorbesitzer nicht übernommen wird.
Es ist daher kein schlechtes Zeichen, wenn in einer Notstation auch einige kranke Tiere sitzen, die aktuell nicht vermittelbar sind. Allerdings lässt sich eine gute Notstation daran erkennen, dass nur gesunde Tiere abgebeben werden und dass der Gesundheitszustand der Tiere medizinisch überprüft wird.
Ausnahmen bilden möglicherweise chronisch kranke Schweinchen, die dauerhaft mit bestimmten Medikamenten versorgt werden müssen. Über solche dauerhaft notwendigen Behandlungen klärt eine gute Notstation ihre Interessenten umfassend auf, d.h. sowohl über die notwendige Behandlung und Medikation, als auch über die anfallenden Kosten.
Haltung
Geld ist im Tierschutz leider häufig Mangelware. Und mit dem vorhandenen Geld wird sparsam umgegangen, um möglichst vielen Tieren damit helfen zu können. Daher haben die meisten Notstationen nicht die Möglichkeit, prachtvolle Gehege zur Unterbringung der Schweinchen zu bauen. Häufig wohnen die Notmeerschweinchen in einfachen Gehegen Marke Eigenbau, die jedoch den tierischen Bedürfnissen gerecht werden.
Wichtig ist, dass genügend Platz und Versteckmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Das Richtmaß zum minimalen Platzangebot für Meerschweinchenhaltung (ca. 0,5 m2 pro Tier) sollte möglichst eingehalten werden, wobei sich dieser Kennwert für große Gruppen in großen Gehege relativiert und häufig auch ein Auge zugedrückt wird, da es sich in der Notstation um eine vorübergehende Unterkunft handelt.
Häufig leben Meerschweinchen in Notstationen auch in handelsüblichen Gitterkäfigen, wenn keine Möglichkeit besteht, die Tiere in eine große Gruppe zu integrieren (z.B. wegen Zeugungsfähigkeit, Erkrankung, etc.). Auch wenn die Haltung von Meerschweinchen in (meist viel zu kleinen) Käfigen nicht zu empfehlen ist, haben Notstationen häufig wegen der vielen verschiedenen Schweinchen, die nun mal nach dem Zufallsprinzip dort eintreffen, vorübergehend keine andere Möglichkeit zur Unterbringung.
Bei der Vermittlung legen Notstationen allerdings Wert darauf, dass den Notmeerschweinchen in ihrem neuen Zuhause ausreichend Platz zum Wohnen, Leben und Wuseln zur Verfügung steht. Schließlich sollen die Nottiere nicht aus dem Regen in die Traufe kommen.
Platzkontrolle
Im Gegensatz zum Zoohandel informieren sich gute Notstationen über das zukünftige Zuhause ihrer Schützlinge. Es wird nachgefragt, welche Artgenossen im neuen Zuhause bereits leben und wie groß das Gehege ist. Einige Notstationen bringen ihre Schweinchen selbst ins neue Zuhause oder möchten gerne ein Bild vom Schweinegehege sehen.
Dies passiert nicht aus Neugier oder böser Absicht, sondern zum Wohle der Meerschweinchen. Notmeerschweinchen stammen häufig aus schlechter Haltung und engagierte Notstationen legen Wert darauf, dass die von ihnen vermittelten Schweinchen einen guten Platz auf Lebenszeit bekommen.
Daher vermitteln bemühte Notstationen ihre Meerschweinchen nicht in Einzelhaltung, nicht als alleinigen Artgenossen zu Kaninchen und nur in ausreichend große Gehege.
Schutzvertrag
Um die Notmeerschweinchen vor erneuten Schicksalsschlägen zu schützen, vermitteln Notstationen ihre Schweine in der Regel nur mit einem Schutzvertrag. Darin verpflichtet sich der neue Schweinehalter, die Tiere angemessen zu versorgen (dies schließt bei Bedarf auch die tierärztliche Versorgung mit ein) und nicht zu vermehren. Des Weiteren möchten die meisten Notstationen davon in Kenntnis gesetzt werden, wenn das Tier abgegeben werden soll, denn viele Notstationen nehmen ihre Schützlinge lieber wieder zurück, als sie an Unbekannte weitervermitteln zu lassen.
Um vor unüberlegten Meerschweinchen-Anschaffungen zu schützen und auch zu verhindern, dass Meerschweinchen aus Notstationen als Futtertiere enden, geben Notstationen ihre Tiere nur gegen eine Schutzgebühr ab. Die Höhe der Gebühren ist je nach Station sehr unterschiedlich. In der Regel decken die Gebühren nicht einmal die Unterkunfts- und Behandlungskosten. Insbesondere Kastrate werden häufig weit „unter Wert“ abgegeben, wenn man einmal die Tierarztkosten für eine Kastration und medizinische Nachversorgung betrachtet. Zum Schutz der Tiere wird die Schutzgebühr für jedes Schweinchen der Notstation erhoben (z.B. auch für Tiere, die nur wenige Tage in der Notstation gewohnt haben und keine Tierarztkosten verursacht haben). Die Schutzgebühr wird dann zum Wohle kostenintensiverer Kandidaten eingesetzt.
Beratung
Meerschweinchen-Notstationen werden üblicherweise von erfahrenen Meerschweichenliebhabern gegründet, bei deren Arbeit das Wohl der Meerschweinchen im Vordergrund steht. Es geht nicht um den höchstmöglichen Absatz von Tieren, sondern die langfristige Vermittlung in funktionierende Meerschweinchengruppen.
Interessenten (Meerschweinchen-Neulinge ebenso wie erfahrene Halter) werden bestmöglich über die Tiere und ihre Bedürfnisse informiert. Betreiber von Notstationen können ihre Tiere gut einschätzen und stehen beratend zur Seite, wenn es darum geht, einen geeigneten Artgenossen für die bereits vorhandenen Meerschweinchen auszusuchen oder eine neue, harmonierende Meerschweinchengruppe zusammen zu stellen.
Bei einer schweinegerechten Beratung werden die Wünsche des zukünftigen Schweinehalters möglichst ebenso berücksichtigt wie das Zusammenspiel der Meerschweinchen. Erfahrene Notstationenbetreiber können häufig Empfehlungen für bestimmte Tiere geben, die bezüglich Alter oder Charakter besonders geeignet sind.
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